Walter Seidl, geboren 1905 in Troppau in Mährisch Schlesien (Opava), setzte sich in seinem Hauptwerk, dem autobiographischen Roman Der Berg der Liebenden mit seinem Vater, dem deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Ferdinand Seidl, auseinander. Dessen Tod im Ersten Weltkrieg machte den Weg frei für die musischen und völkerverbindenden Ambitionen der Söhne. Kurt Seidl wurde Komponist, Walter Seidl nach dem Studium in Grenoble Schriftsteller und – wie Max Brod – Musikkritiker beim liberalen Prager Tagblatt. Sein erster Roman Anasthase oder das Untier Richard Wagner (1930, auch tschechisch); es folgten Erzählungen, Dramen und 1932 der Kleinstadtroman Romeo im Fegefeuer. Seidls Der Berg der Liebenden ist neben einer Hommage an die tschechische Musik Plädoyer für die Überwindung der deutsch-französischen »Erbfeindschaft« und und des »alte[n] nationale[n] Zwist[s]« zwischen Deutschböhmen und Tschechen. Dennoch enthielt sich der Autor politischen Positionierungen und verkannte bei einer Reise durch das Deutsche Reich 1937 dessen verbrecherischen Charakter. Während einer Schiffsreise erkrankte Seidl in Capri, in Neapel starb er – »eine der stärksten Hoffnungen deutscher Dichter in Böhmen« so der Nachruf im Prager Tagblatt – am 29. August 1937 an den Folgen einer Austernvergiftung.

 
Walter Seidl
Walter Seidl
im Arco Verlag