Ulrich Becher, geboren 1910 in Berlin, schweizer Mutter, deutscher Vater, debütierte 1932 bei Rowohlt als Erzähler, war junger Graphiker, gefördert vom Freund & Kumpan George Grosz, Schwiegersohn von Roda Roda, verließ Hitlers Deutschland 1933 nach Wien, wurde österreichischer Staatsbürger, emigrierte 1938 in die Schweiz, die ihn bald zum Verlassen des Landes und riskanten Flucht durch halb Europa zwang, dann nach Brasilien und schließlich New York. Versuche im Nachkriegswien Fuß zu fassen, scheiterten im Klima des Kalten Krieges, das ihn anwiderte, auch an Gegnern wie Friedrich Torberg und Hans Weigel, ein unstetes Bohémien-Leben in Bars und Hotels und schließlich, von 1954 bis zu seinem Tod 1990, die Dauerstation Basel schlossen sich an.

Neben großem Echo als Bühnenautor (u. a. Der Bockerer, 1946, mehrfach verfilmt; Mademoiselle Löwenzahn; Samba, Feuerwasser), Erfolgen, die teilweise eng mit dem großen Regisseur Heinz Hilpert verbunden sind, wurde Becher mit seinen New Yorker Novellen (1950), fünf Romanen – darunter noch Das Herz des Hais (1960), William´s Ex-Casino (1973), Das Profil (1973) – und verstreuter Prosa zu einem der bekanntesten deutschen Erzähler. Sein Hauptwerk Murmeljagd (1969) wurde, neu aufgelegt, 2009 zu einem Sensationserfolg bei Publikum und Kritik, jetzt auch als Hörbuch (mit Wolfram Berger) und Taschenbuch. Mit seinen neuzeitlichen Balladen Brasilianischer Romanzero wagte Ulrich Becher auch als Lyriker ein eigenwilliges Formenexperiment und beeindruckte Rezensenten wie Carl Zuckmayer und Karl Krolow.

Einen persönlichen, sehr lesenswerten Zugang zu Ulrich Becher eröffnet sein Sohn, der Schriftsteller Martin Roda Becher, mit Dauergäste. Meine Geschichte (Nagel und Kimche, 2000). Ulrich Becher selbst hat in SIFF – Selektive Identifizierung von Freund und Feind (1978) einige seiner Weggefährten und Gelegenheitsbekannte portraitiert – darunter der Lebensfreund George Grosz, Roda Roda, der Bildhauer Fritz Wotruba, sein Verleger Ernst Rowohlt, der Freund im Pariser Exil Ödön von Horvath sowie Heinz Hilpert.

 
Ulrich Becher
© Esther Pfirter
Ulrich Becher
im Arco Verlag