Die Dichtung der Prager Schule
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H. G. Adler
Die Dichtung der Prager Schule
Ein Essay aus erster Hand zum 100. Geburtstag am 2. Juli 2010
Coll'Arco
40 S. / 2 Abb. / 21 x 24 cm
April 2010
sofort lieferbar
ISBN 978-3-938375-36-5
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Im Februar 1947 verließ H.G. Adler sein Geburtsland, die Tschechoslowakei, in der er sich nicht mehr heimisch fühlte, und wanderte nach England aus. Dreißig Jahre später kehrte er in einem Essay in seine verlorene Heimat zurück: das geistig-kulturelle Prag der Epoche bis 1938, in das er als ein junger Intellektueller und Dichter deutscher Muttersprache noch hineingewachsen war.

Dieses Prag war untergegangen. Nach dem Münchner Abkommen und dem deutschen Einmarsch in Böhmen im März 1939 war das jahrhundertelange Zusammenleben von Tschechen, Deutschen und Juden unwiederbringlich zerstört worden. Mit dem Kriegsende im Mai 1945 kehrte noch kein Frieden ein, denn einer Versöhnung standen Schmerz und Haß entgegen: »Das Ende der Prager Schule ist also mit der Vertreibung der Deutsch als Muttersprache redenden Prager um 1945 nicht gleichzeitig, doch die Triebkraft für einen fortgesetzten Aufbau oder auch nur die Pflege einer Tradition war damit erschöpft; mit dem Verstreichen des 20. Jahrhunderts treten auch die letzten Vertreter der Prager deutschen Dichtung von der Weltbühne ab. In Prag selbst vollzieht sich die Katastrophe durch die Schläge von 1938/39 und 1945.«

In diesem Klima als deutscher Muttersprachler angefeindet, sah H. G. Adler keine Perspektiven für sich. Als Prager Jude, der die Konzentrationslager überlebt hatte, entschloß er sich jetzt zur Emigration, die ihm 1939 nicht mehr möglich gewesen war.

In seinem Gepäck waren auch die Erinnerungen an das Erlittene, an die Verluste. In seinen großen Erzählwerken wie Eine Reise und Panorama findet er eine eigene Sprache für viele dieser traumatischen Erfahrungen; in seinen wissenschaftlichen Büchern liefert er richtungsweisende Analysen des nationalsozialistischen Systems und der Shoah. Im Zusammenhang seiner persönlichen Gedächtniskultur kann durchaus auch sein Essay Die Dichtung der ›Prager Schule‹ von 1976 gesehen werden. Er ist weit mehr als eine fundierte literaturwissenschaftliche Abhandlung von zeitloser Aktualität. So bewahrt H. G. Adler eine untergegangene Welt von gestern dem Vergessen und erinnert an diejenigen jungen Autoren, die – wie Peter Kien, Georg Kafka und Hans Werner Kolben – in den Konzentrationslagern oder – wie sein Dichterfreund Helmut Spiesmayr – im Krieg umkamen.