Brückenschlag zwischen den Disziplinen
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Elisabeth Leinfellner (Hg.), Jörg Thunecke (Hg.)
Brückenschlag zwischen den Disziplinen
Fritz Mauthner als Schriftsteller, Kritiker und Kulturtheoretiker
Arco Wissenschaft
272 S. / 15 x 21 cm / 1., Aufl.
Paperback
April 2004
sofort lieferbar
ISBN 978-3-9808410-5-4
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Fritz Mauthner (1849–1923) ist eine der interessantesten Gestalten der europäischen Geistesgeschichte – und ein faszinierender Vertreter der deutsch-jüdischen Literatur aus Böhmen. Von herausragender Bedeutung erscheint heute seine Rolle als Begründer bzw. wichtigster Vorläufer der Analytischen Philosophie. Berühmt wurde Mauthner als Sprachphilosoph, der häufig mit Karl Kraus verglichen wird, als Kritiker und Schriftsteller. Seine bedeutenden Impulse für die Philosophie – so für Ludwig Wittgenstein – waren lange Zeit nur von wenigen Spezialisten erkannt worden. Seit den siebziger Jahren vollzog sich hier ein starker Bewußtseinswandel, der es erlaubt, von einer regelrechten »Mauthner-Renaissancelaquo; in der Philosophie zu sprechen.

Während im Zuge dieser neuen Beachtung zuletzt zahlreiche philosophische Schriften Mauthners neu aufgelegt wurden, läßt die Wiederentdeckung der belletristischen Bücher des Autors auf sich warten. Die neuen Editionen von Werken wie Vom armen Franischko. Kleine Abenteuer eines Kesselflickers oder Der neue Ahasver. Roman aus Jung-Berlin stellen nur einen Bruchteil seines reichen erzählerischen Œuvres dar.

 Mit der schlechten Editionslage ging bislang eine nur zurückhaltende literaturwissenschaftliche Aufmerksamkeit für den Erzähler Fritz Mauthner einher. Im Mittelpunkt der Forschung stand mithin nur der Philosoph und Sprachphilosoph – verdienstvolle, aber einseitige Zugänge zu Mauthner. Somit werden mit seinem belletristischen Werk nach wie vor Attribute verbunden, die nicht unbedingt der kritischen Überprüfung standhalten; es überwiegen die Klischees vom reinen »Unterhaltungsschriftsteller« vom »Tschechenfresser«, dem einem »jüdischen Selbsthaß« verfallenen oder nostalgisch Böhmen verklärenden Autor. Womöglich voreilige Etikettierungen, die sich an bekannteren Werken wie Der neue Ahasver (1879), Der letzte Deutsche von Blatna (1887), Die böhmische Handschrift (1897) und Prager Jugendjahre (1918) orientieren.

Vor diesem Hintergrund ist eine gründliche literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit dem überraschend komplexen erzählerischen und journalistischem Werk Fritz Mauthners längst überfällig. Der Aufsatzband Brückenschlag zwischen den Disziplinen: Fritz Mauthner als Schriftsteller, Kritiker und Kulturtheoretiker, mit dem der Arco Verlag sein wissenschaftliches Programm eröffnet, schließt endlich diese Lücke. Die Herausgeber Elisabeth Leinfellner und Jörg Thunecke, selbst ausgewiesene Mauthner-Experten, haben Beiträger gewonnen, die Rang und Namen – nicht nur – in der internationalen Mauthner- Forschung haben. Die Aufsätze sind ein Plädoyer für eine Wiederentdeckung des Prosaautors Fritz Mauthner – und für eine nachhaltige literaturwissenschaftliche Erforschung, zu welcher dieser Band eine unverzichtbare Basis darstellt.

 Diese Veröffentlichung bereichert ferner die Forschung zur – im weiteren Sinne – Prager deutschen Literatur – und zur deutschen Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts insgesamt. Denn Fritz Mauthner ist – etwa als »Erfinder« des »Berlin-Romans« oder als Parodist – nicht losgelöst von seiner literarischen Umgebung zu betrachten. Seine belletristischen Bücher stehen in Beziehung zu denen von Zeitgenossen wie Theodor Fontane, Paul Lindau, Friedrich Nietzsche, Paul Heyse, Gustav Landauer, sind deutsche Antworten auf Zola, Ibsen und Flaubert. Zudem übte er starke Anziehungskraft auf jüngere Autoren aus – zum Beispiel auf Alfred Döblin oder selbst Jorge Luis Borges. Erstmals Beachtung findet Mauthners reiches journalistisches Schaffen: Er war Beiträger zu den berühmtesten Zeitungen seiner Zeit, war einflußreicher Kritiker und gab auch als Herausgeber von Zeitschriften dem kulturellen Leben wichtige Impulse. Behandelt werden im einzelnen: Mauthner als Schriftsteller (Arens, Pizer, Schneider) und als Theaterkritiker (Thunecke) sowie seine Stellung zur Kulturgeschichte (Ravy, Ullmann), zum Judentum (Goldwasser, Robertson) und zur Sprachkritik (Leinfellner, Lüdtkehaus).

Die Beiträger: Katherine Arens (Austin/Texas), James Goldwasser (New York), Elisabeth Leinfellner (Wien), Ludger Lütkehaus (Freiburg i. Br.), John Pizer (Baton Rouge/LA), Gilbert Ravy (Rouen), Ritchie Robertson (Oxford), Gerd Schneider (Syracuse/NY), Jörg Thunecke (Köln), Bettina Ullmann (Hamburg).

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