Andreas Petersen stellt mit Die Nathansohns Lebenswege einer Berliner jüdischen Familie vor, die gesellschaftliche Erfahrungen des 20. Jahrhunderts spiegeln. Felix Philipp Ingold widmet sich in Paris als Exil russischen und nicht-russischen Autoren, die ihre Heimat verließen, als die Revolution sie so sehr veränderte, daß sie von ihnen nur noch zwiespältig gesehen werden konnte. Der georgische Weltenbürger Iliazd, geniales Multitalent, war überall zuhause, wo seine Kunst pulsieren konnte. Er fand sich mühelos in Frankreich zurecht – und doch spiegeln seine einige seiner Gedichte – unter dem Titel Wortlos verurteilt in der Übersetzung wiederum Felix Philipp Ingolds – auch tiefe Verzweiflung, Leiden an einer lebensfeindlichen Welt. Die große Zusammenschau ihrer Lyrik Mit Augen trinke ich den Himmel rückt mit Zuzanna Ginczanka die junge polnisch-jüdische Dichterin in den Blickpunkt, die selbstbewußt und voller Tatendrang war und dann durch die Deutschen um ihre weitere literarische Entfaltung – und mit 27 Jahren gewaltsam um ihr Leben – gebracht wurde.

Gewalt der Poesie – so ist das kommende Heft unserer Zeitschrift für ungarische Kultur Drei Raben überschrieben, die sich im Herzen von Budapest ihre Unabhängigkeit und ihren rebellischen Geist bewahrt. Susanne Schädlich – mit Kabarett der Namenlosen –, Tomasz Różycki – mit Feuerprobe. Die trügerische Kartographie Europas – und Jan Röhnert – mit Wildnisarbeit – stehen vor Lesereisen und sind vielerorts zu erleben. In die heutige Ukraine führen gleich drei aktuelle Bücher: zum einen Stanisław Vincenz, der »Homer der Karpathen«, der über Jahrzehnte ein einzigartiges, zeitloses Epos aus Bergen und Wäldern in der Mitte Europas schuf. Zum anderen die beiden wichtigen Anthologien ukrainischer Literatur Ein Hauch von Grauen und verborgene Hoffnung und Dichtung der Verdammten.