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Das Jahresende 2024 und das Frühjahr 2025 bringen ein starkes Paket an Neuerscheinungen, darunter markante Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur: Jan Röhnert schreibt mit Wildnisarbeit seine Begegnungen zwischen Mensch und Landschaft poetisch fort und liefert dem deutschsprachigen Nature Writing neue Impulse. Susanne Schädlich knüpft in Kabarett der Namenlosen erzählend an einen der Schwerpunkte des Arco Verlags an: das deutschsprachige Exil. Dort, wo jetzt die kalifornische Küstenlandschaft nach Waldbränden in Flammen aufging, fanden einst die Größen der deutschen Bühne, des Films und der Literatur Zuflucht vor den Nazis – als Nobodies rund um Hollywood. Andreas Petersen widmet sich keinen Berühmtheiten, sondern zeigt in Die Nathansohns eine Berliner jüdische Familie, die in der Weimarer Republik ganz unterschiedlich an einer besseren Zukunft baut – und dann ab 1933 von den politischen Verwerfungen eingeholt, bedroht und ernüchtert wird. Ernst Sommers Werke setzen wir mit Die Sendung Thomas Müntzers fort – einem packenden Zeitbild, entstanden im Londoner Exil – dem Buch zum rebellischen Theologen Müntzer wie auch zu 500 Jahren Bauernkrieg in Mitteleuropa. Als Vorgriff zu seinem 70. Geburtstag am 7. Februar kam im Dezember Alban Nikolai Herbsts großer Roman Briefe nach Triest heraus. Mit Tomász Rózyckis Feuerprobe und ̓Stanisław Vincenz ̓ Das Taubenbuch des Baal Schem Tow erscheinen zwei herausragende Werke der polnischen Literatur, mit Aleksandăr Vutimski und Gedichte vom blauen Jungen einer der wichtigsten modernistischen Dichter Bulgariens.

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Mit Briefe nach Triest legt Alban Nikolai Herbst einen großen deutschen Gegenwartsroman vor. Und er führt virtuos hinein in die Geschichte mehrerer Lieben und die Stadt, die durch» ihre« Schreibenden wie Joyce und Svevo, Umberto Saba, Richard Burton oder Fulvia Tomizza zum Literaturort gemacht wurde. Beppe Fenoglio stammte daher, wo das gute Essen herkommt: aus dem piemontesischen Alba. Daß sein gewaltiges Partisanenepos Das Buch Johnny von italienischen Literaturwissenschaftlern kurzerhand mit Moby Dick (!) und mit dem Kampf um Troja verglichen wird, läßt erahnen, daß es sich um ein außergewöhnliches Stück Weltliteratur handelt.

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Es gab in den bald 25 Jahren unseres Bestehens viele Abschiede von Autorinnen und Autoren, von Weggefährten – von unserem ersten Autor Fritz Beer, mit 94 Jahren, von Marga Minco, mit 103 Jahren, von Ludvík Kundera und Tomáš Radil, von Armin A. Wallas und Dieter Sudhoff. Alle haben ihren festen Platz in unserem Verlag, mit allen fühlen wir uns weiter verbunden. Tod und Sterben begleiten uns, zumal viele unsere Autoren und Autorinnen zu den Überlebenden der Generation gehören, die während der dreißiger und vierziger Jahre verfolgt wurde. Wir waren nie darauf gefaßt, daß der Tod sobald auch unseren Verlag, meine eigene Familie, unmittelbar treffen würde. Der Tod meines Bruder Markus Haacker, mit dem ich den Verlag zuletzt alleine geführt habe, hinterläßt eine schmerzliche Lücke, die immer wieder nach Worten sucht.

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Das Herbstprogramm 2023 bietet – teils schon ab dem Sommer – vieles, wofür der Arco Verlag steht:

Jüdische Literatur – so Nowolipie von Józef Hen, der sich anschickt, den Kreis unserer über 100jährigen (Marga Minco und Peter Demetz) zu erweitern.

Avantgarde, prägende literarische Moderne – so mit Ma Yuan und Eugène Ionescos Elegien für kleine Wesen.

Ukrainische Literatur – (auch) im Zeichen des Krieges und der Bedrohung machen wir nach Artem Tschech weiter mit diesem Land und seiner Literatur vertraut, nun mit Dichtung der Verdammten, ausgewählt von Oswald Burghardt alias Jurij Klen.

Deutschsprachige Gegenwartsliteratur – zu zuletzt Marko Martin und Alban Nikolai Herbst, Dorothea Dieckmann und Helmut Schulze gesellt sich nun mit Märzember als Autor Felix Philipp Ingold, bisher bei uns als Übersetzer aus dem Russischen.

Wissenschaft Judentum und Psychotherapie: dieses erste Zusammendenken beider Sphären verspricht ein starkes Echo.

Überraschungen, Horizonterweiterungen, auch für uns selbst – mit Darryl Pinckneys Black Deutschland erweitern wir das Spektrum um eine markante, heutige Stimme der afro-amerikanischen Literatur, Anknüpfung an unsere Berlin-Bücher wie von Paul Gurk oder Ludvík Kundera, zugleich queere Literatur, wie zuletzt bei uns Claude Cahun, James Hanley und Hagar Olsson.

Mit Ma Yuans Drei Arten, Papierdrachen zu falten gehen wir auf eine Reise in völlig unvertrautes Terrain: Tibet und Nordchina. Und können uns kaum losreißen von diesen dichten Erzählungen, einem Stück Weltliteratur aus Fernost.

Marko Martins Brauchen wir Ketzer? Stimmen gegen die Macht aus der Jahresmitte steht gerade jetzt im Blickpunkt, und ich kann nur dafür werben, es zu lesen und darauf hinzuweisen. Diese Portraits kritischer Intellektueller sowie großer Erzählerinnen und Erzähler geben, wenn wir nur wollen, der deutschen Literatur etwas Verschollenes, fast Verlorenes zurück. Jüdische Literatur, Exilliteratur – und ihre denkerischen Impulse auch für unsere Zeit.

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Es ist so weit. Kräftig angewachsen auf fast 500 Seiten, wird Marko Martins druckfrisches Buch Brauchen wir Ketzer. Stimmen gegen die Macht am 14. März im traditionsreichen Buchhändlerkeller in Charlottenburg vorgestellt. Wir lassen es uns selbst nicht nehmen, bei diesem besonderen Abend dabeizusein und Marko Martin im Gespräch mit Axel Haase – und dann bei der Lesung ausgewählter Passagen aus seinen Portraits kritischer Intellektueller – zu erleben.  

14.3. 2023. Buchhändlerkeller, Carmerstr. 1, 10623 Berlin. 20 Uhr.

Zur Veranstaltungsankündigung beim Buchhändlerkeller.

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Das Frühjahr bringt einen Mix aus ganz neuen Büchern und aus Neuerscheinungen, die aus dem Vorjahr nach reiflicher Überlegung kurzerhand verschoben wurden.

Im Januar kam Gerd-Peter Eigners Der blaue Koffer heraus, und Artem Tschechs Nullpunkt wird allüberall besprochen, ist in aller Munde. Ende Februar erscheinen Marko Martins Brauchen wir Ketzer? und Felix Philipp Ingolds Anthologie russischer EinZweiDreizeiler. Erstmals Aussteller auf der Leipziger Buchmesse, erwarten wir Ende April zum Österreich-Schwerpunkt Robert Neumanns fast unbekannten Exilroman Blindekuh – sowie Pariser Nächte mit der einstigen russische Avantgarde des Exils ab 1917. Mihail Sebastian, angeblich Finder eines rätselhaften Hefts mit Fragmenten, gehörte zu den vielen Rumänen, die Paris prägte – oder es ihrerseits prägten. Paul Binnerts hat gerade mit seinem Lügenlabyrinth – jetzt zu besprechen – den starken holländischen Anfang gemacht, Jan Wolkers Sommerhitze und Heere Heeresma Ein Tag am Strand lassen schon an Wärme und Nordsee denken. Ohne die es wiederum David Jones´ durch und durch maritime Anathemata nicht gäbe. All das lenkt ab von Grauen und verborgener Hoffnung in der Ukraine. Doch brauchen wir Bücher nicht allein, uns zu unterhalten. Manchmal tun sie not.

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